Welche Folgen hat die Vernachlässigung des Kindes?
Viele Kinder werden von ihren Eltern vernachlässigt. Dies kann jedoch nicht nur psychische sondern auch ernstzunehmende körperliche Folgen nach sich ziehen. In einem solchen Fall benötigt das Kind Hilfe von Aussenstehenden, welche auf die Probleme aufmerksam werden und diese den Behörden melden. Meist handelt es sich dabei um Nachbarn, Verwandte oder Freunde der Familien. Welche Anzeichen auf eine Vernachlässigung hinweisen, wie diese richtig gedeutet werden können und was in einem solchen Fall zu tun ist, klärt der Berufsverband der Rechtsjournalisten e.V. auf seinem kostenlosen Ratgeberportal. - Isabel Frankenberg
Die Gründe für die Vernachlässigung eines Kindes sind vielfältig. Meist betreffen diese alleinerziehende Elternteile, welche nach einer Trennung bzw. Scheidung mit der Erziehung des Nachwuchs überfordert sind. Doch auch eigene negative Erfahrungen aus der Kindheit, können dazu beitragen, dass ein Elternteil nicht allein für das Wohl des Kindes sorgen kann. Im Falle einer Kindesvernachlässigung bleiben in der Regel emotionale, materielle und kognitive Versorgungsleistungen durch die Eltern aus. Zudem fällt die Kindesvernachlässigung unter die Kindesmisshandlung und kann daher für die Eltern hohe Strafen nach sich ziehen.
Viele Eltern sind mit der Erziehung des Kindes überfordert, andere wiederum sind verunsichert und besitzen nicht die Fähigkeit, zu erkennen, welche Bedürfnisse das Kind aufweist und wie auf diese einzugehen ist. Sich eine solche Situation einzugestehen und von selbst professionelle Hilfe aufzusuchen, ist jedoch für viele Eltern sehr schwer, auch aus Scham vor der Öffentlichkeit. In einem solchen Fall sind die Kinder auf die Hilfe Außenstehender angewiesen.
Eine Kindesvernachlässigung zu erkennen ist nicht immer leicht. Vor allem, wenn es sich um Kleinkinder oder Babys handelt, welche ihre Probleme noch nicht konkret äußern können, haben viele Außenstehende die Befürchtung, den Eltern Unrecht zu tun. Besteht jedoch der Verdacht, ist es immer besser die Behörden zu informieren, anstatt das Kind zu gefährden. Die Vernachlässigung dann nachzuweisen, ist ebenfalls nicht immer leicht, da es sich hierbei meist nicht um eine zeitlich begrenzte Handlung, sondern vielmehr um einen langwierigen, langsam wachsenden Prozess, handelt. Eine körperliche Vernachlässigung lässt sich durch einen ärztlichen Besuch und verschiedene Anzeichen entlarven, so z.B. durch:
- Unzureichende Ernährung und Flüssigkeitszufuhr
- Den aktuellen Witterungen unangemessene Kleidung
- Mangelhafte Hygiene sowie fehlende medizinische Versorgung des Kindes
- Unzumutbare Wohnverhältnisse
- Fehlende Aufsicht.
Deutlich schwerer nachzuweisen ist hingegen eine erzieherische und emotionale Vernachlässigung. Diese lässt sich meist am Verhalten der Eltern feststellen. Weisen diese ein großes Desinteresse am Kind auf oder schreien und beleidigen sie den Nachwuchs häufig, lässt das auf eine Vernachlässigung schließen.
Für die Kinder kann ein solches Verhalten der Eltern schwere Folgen haben. Diese betreffen nicht nur die psychische, sondern auch die körperliche Entwicklung des Kindes. Wird er Nachwuchs schon im Kleinkindalter stark vernachlässigt, kann sich daraus eine unsichere oder ambivalent-unsichere Bindungsbeziehung zu ihren Bezugspersonen entwickeln. Das führt dazu, dass sich das Kind den Eltern nicht mehr anvertraut und große Probleme mit sich selbst ausmacht sowie das Bedürfnis auf Nähe und Körperkontakt unterdrückt.
Für Außenstehende ist es hilfreich, bestimmte Verhaltensweisen eines vernachlässigten Kindes zu kennen und dadurch die Situation besser analysieren zu können. In der Regel äußert sich die Kindesvernachlässigung immer auf eine ähnliche Weise:
- Verringerte oder ausbleibende kommunikative und bewegliche Aktivität
- Übersteigerte Aktivität, Unruhe, Unkonzentriertheit, großer Bewegungsdrang
- Ausgeprägte Ignoranz gegenüber den Bezugspersonen
- Übernahme der Verantwortung für die Bezugspersonen, z.B. jüngere Geschwister
- Wechselndes Verhalten
Viele vernachlässigte Kinder verspüren noch im Erwachsenenalter das Gefühl, unbeliebt und unverstanden zu sein. Um eine Akzeptanz bei ihren Mitmenschen zu erlangen, versuchen sie später die Bedürfnisse anderer zu erfüllen und vernachlässigen dabei ihre eigenen Emotionen und Wünsche. Zudem kann eine Kindesvernachlässigung zu einer sozialen Isolation und in sehr schlimmen Fällen sogar zur Entwicklung von Zwangsstörungen und Entwicklungsverzögerungen führen.
Wer also eine Vernachlässigung beim Nachbarskind oder dem Nachwuchs einer befreundeten Familie vermutet, sollte dies schnellstmöglich dem zuständigen Jugendamt melden. Hierzu haben einige Behörden spezielle Bereitschaftsdienste eingerichtet, die zu jeder Tages- und Nachtzeit bereitstehen. Bietet die Stadt oder der Landkreis einen solchen Dienst nicht an, kann sich alternativ auch an die Polizei gewandt werden.
Die Behörden versuchen zunächst, die Missstände der Familien durch gemeinsame Gespräche und Lösungsansätze zu klären. Dabei werden die Familien durch einen Sozialarbeiter des Jugendamtes unterstützt. Sind die Eltern jedoch nicht bereit, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen und Grundlegendes an ihrem Verhalten zu ändern, ist eine Inobhutnahme des Kindes durch das Jugendamt möglich. Der Nachwuchs wird dann entweder in einem Heim oder bei Pflegeeltern untergebracht.
Handelt es sich um eine grobe Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht, kann dies laut § 171 Strafgesetzbuch (StGB) für die Eltern sogar eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren zur Folge haben. Der §225 StGB sieht für eine gesundheitliche Schädigung der Kinder durch eine böswillige Vernachlässigung sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren vor.
Weitere Informationen zum Thema „Kindesvernachlässigung“ findest Du unter www.familienrecht.net.